Es ist zwei Uhr morgens und ich habe vor einer Stunde „Cruel Beauty“ beendet. Gedanken an das Buch halten mich immer noch wach, ich kann nicht schlafen, deshalb schreibe ich jetzt diesen Blogbeitrag. Es war eigentlich vorherbestimmt, dass ich dieses Buch liebe. Eine Nacherzählung von „Die Schöne und das Biest“, ein magisches Schloss; er ein bisschen böse, sie ein bisschen selbstsüchtig. Und dieses großartige Cover.
[Spoiler Alert] Seid ihr schon verliebt? Ich war es. Und gegen Ende kam die Ernüchterung. Manchmal gibt es Situationen, in denen Autoren sich so dringend ein Happy End für ihre Charaktere wünschen, aber es funktioniert nicht in der Welt, die sie erschaffen haben, also erschaffen sie für die letzten zehn Seiten eine Neue. Und plötzlich war alles nur ein böser Traum. Ganz so schlimm war es in „Cruel Beauty“ zum Glück nicht, aber als Leser habe ich mich trotzdem betrogen gefühlt. Die Charaktere, die am Ende glücklich zusammen gekommen sind, waren nicht mehr die gleichen, wie die, für die ich die letzten dreihundert Seiten mitgefiebert habe. Sie hatten nicht länger die gleiche Geschichte, die gleichen Konflikte. Die Autorin hatte für ihre Lieblinge eine Alternativwelt kreiert, in der sie ihr Happy Ever After durchleben konnten. Wenigstens erinnerten sie sich gegen Ende wieder daran, wer sie einmal gewesen sind, das schmälerte die Enttäuschung für mich etwas.
Ganz anders als bei „Julia für immer.“ An diesen Roman kann ich immer noch nicht ohne Bauchkrämpfe zurückdenken. Dabei mochte ich die Geschichte und die Charaktere und die Shakespeare-Stimmung – und dann hat die Autorin für mich alles kaputt gemacht. Im letzten Kapitel hat sie einfach die Zeit um ein paar Jahrunderte zurückgedreht, von der Moderne wieder ins Shakespeare-Zeitalter. Julia ist gerade von den Toten auferstanden und steht ihrem Seelenverwandten in anderer Gestalt gegenüber. Ein Happy End in der Zukunft war ihnen nicht vorherbestimmt, also zack bumm, zurück ins 16. Jahrhundert. Aber wisst ihr was? Es ist mir total egal, ob diese Menschen noch die gleiche Seele in sich tragen und ihre Liebe zueinander sofort wiedererkennen. Charaktere werden für mich durch ihre Geschichten und ihre Taten definiert, aber wenn diese einfach ausgelöscht werden? Dann habe ich wieder ein leeres Blatt vor mir, dann hätte ich erst gar nicht anfangen brauchen, dieses Buch zu lesen.
Ich war so wütend, dass ich das Buch am liebsten gegen die Wand geschleudert hätte. Ein paar Tage später habe ich es verschenkt, dabei hatte es einen hübschen Einband und ich gebe Bücher nicht leicht aus der Hand. Verkauf dein Happy End jemand anderen, so kauf ich dir das nicht ab! Reagiere ich über? Vielleicht. Vielleicht liegt das aber daran, dass ich selbst schreibe und Geschichten etwas strenger begutachte, aber meiner Meinung nach geht jeder Autor eine Vereinbarung mit dem Leser ein, sobald dieser sein Buch aufschlägt. Er gibt eine feste Welt mit festen Regeln vor, eine Art Bild, eine Atmosphäre, ein roter Faden, der sich vielleicht erahnen, aber nie ganz vorhersehen lässt. Ein Autor muss sich an seine eigens erschaffenen Regeln halten und kann nicht einfach kurz vor Schluss die Welt, die Charaktere oder das Jahrhundert ändern (es sei denn es handelt sich um einen Zeitreisenroman und der Leser wurde früh genug mit der Regel vertraut gemacht).
Wie seht ihr die Sache? Hattet ihr schon einmal ein ähnliches Erlebnis mit einem Buch oder seht ihr das weniger tragisch als ich? Was denken die Autoren unter euch?